06.12.2021
Die Entscheidungsbefugnisse von Gesellschafter-Geschäftsführern sind weitreichend. So wurde lange Zeit als Argument für eine Sozialversicherungsfreiheit genutzt, dass Geschäftsführer sämtliche Unternehmensentscheidungen treffen beziehungswiese sich Weisungen der Gesellschafterversammlung rein faktisch widersetzen können. Heutzutage reichen diese Annahme aufgrund von Änderungen in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts jedoch nicht mehr aus für eine grundsätzliche Befreiung von der Sozialversicherungspflicht.
Urteile des Bundessozialgerichts legen den Fokus bei der Beurteilung nun auf die Rechtsmacht von Gesellschafter-Geschäftsführern im Innenverhältnis. So unterliegen Geschäftsführer trotz ihrer zusätzlichen Stellung als Gesellschafter auch dann der Sozialversicherungspflicht, wenn sie weniger als 50 % der Geschäftsanteile an der Gesellschaft halten und sie damit abhängig von Weisungen der Gesellschafterversammlung sind.
Weisungsunabhängige Geschäftsführer werden rechtlich weiterhin nicht als Arbeitnehmer eingestuft. Die Beurteilung, ob eine Weisungsunabhängigkeit vorliegt und die Sozialversicherungspflicht entfällt, ist im Einzelfall nicht einfach.
Geschäftsführer sind nur dann Arbeitnehmer, wenn sie entweder keine oder nur sehr geringe Anteile an der GmbH besitzen und im Hinblick auf den Ort und die Zeit ihrer Tätigkeit vertraglich von den Weisungen der Gesellschafterversammlung abhängig sind. Die Bezeichnung des Geschäftsführers spielt dabei keinen Rolle. Es ist deshalb nicht möglich zu verhindern, dass ein Geschäftsführer als sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer eingestuft wird, indem der Anstellungsvertrag als Dienstvertrag deklariert wird.
Geschäftsführer, die über keinerlei Beteiligung an der GmbH verfügen und ihre Tätigkeit gemäß den Weisungen der Gesellschafterversammlung ausführen, sind grundsätzlich sozialversicherungspflichtige Angestellte. Ein angestellter Geschäftsführer verfügt weder über die Weisungsunabhängigkeit noch über das wirtschaftliche Risiko, das charakteristisch für eine selbstständige Tätigkeit ist.
Alle Fälle, bei denen eine geringe Beteiligung an der GmbH vorliegt, müssen differenziert betrachtet werden. Die frühere Rechtsprechung orientierte sich bei der Beurteilung des Sachverhalts nicht nur an der Höhe der Beteiligung. Auch Geschäftsführer ohne jeden Anteil konnten als weisungsungebunden eingestuft werden, weil beispielsweise aufgrund spezieller Branchenkenntnisse eine Machtposition vorlag („Kopf und Seele Rechtsprechung“). Die aktuelle Rechtsprechung geht davon aus, dass Geschäftsführer nur dann selbstständig sind, wenn sie mindestens über die Hälfte der Anteile oder eine qualifizierte Sperrminorität verfügen. Machtpositionen aufgrund anderer Faktoren begründen keine Selbstständigkeit und damit auch keine Sozialversicherungsfreiheit, denn diese sind nicht mit einer rechtlichen Weisungsunabhängigkeit gleichzustellen („Schönwetter-Selbstständigkeit“). Um den sozialversicherungsrechtlichen Status eines Geschäftsführers rechtssicher zu beurteilen, stehen wir Ihnen für eine kompetente Beratung zur Verfügung.